Wusstet ihr, dass Zuhören ein bisschen wie der Salat auf eurem Burger ist? Es scheint zwar klein und unbedeutend, aber ohne ihn wäre das Ganze irgendwie unvollständig. Also, wenn ihr wollt, dass eure Kommunikation so gut schmeckt wie ein saftiger Burger, dann dürft ihr jetzt weiterlesen.
„Das grösste Kommunikationsproblem ist, dass wir nicht zuhören, um zu verstehen, sondern zuhören, um zu antworten.“
Autor unbekannt
Dieses Zitat eines unbekannten Verfassers bringt eigentlich auf den Punkt, wie wir Konversationen führen. Denn die meisten Leute halten sich für viel bessere Zuhörer*innen, als sie eigentlich sind. Es passiert uns viel zu oft, dass wir, während das Gegenüber noch etwas sagt, unseren eigenen Gedanken folgen und uns zurechtlegen, was wir als nächstes sagen wollen. Und genau deshalb sollten wir uns bewusst sein, dass wir nicht automatisch alles richtig verstehen. Wir sollten aktiv daran arbeiten, unsere Wahrnehmung zu schärfen und unserem Gegenüber die Aufmerksamkeit schenken, die er oder sie verdient. Denn nur so können wir eine wirklich gute Kommunikation aufbauen.
Und dann kommt noch dazu, dass wir zwar vielleicht zuhören, aber dann das Falsche verstehen. Ein schönes Beispiel dafür sind die „Agathe Bauer“ Songs. Noch nie gehört? Fast jeder hat diesen Effekt schon einmal erlebt: Man hört ein – meist englisches Lied – und versteht im Text die merkwürdigsten Dinge. So wird aus „I Got The Power“ von Snap eben „Agathe Bauer“, der Klassiker der Songverhörer, die ihnen auch den Namen gegeben haben.
Theorie: Der Konstruktivismus
Wir haben ja bereits das Sender-Empfänger Prinzip besprochen. Bei diesem Modell war einer der Kritikpunkte, dass dem Empfänger eine passive Rolle zugewiesen wird. Doch der Empfänger kann sehr wohl aktiv daran arbeiten, wie er oder sie eine Nachricht aufnimmt.
Zur Erläuterung machen wir einen Abstecher in die Psychologie und schauen uns den Konstruktivismus genauer an.
Es ist schon erstaunlich, wie unterschiedlich Menschen eine Situation wahrnehmen können. Nehmen wir zum Beispiel eine Party: Während die einen sich amüsieren und die Musik geniessen, finden die anderen die Musik viel zu laut und die Leute viel zu aufdringlich. Aber warum ist das so? Der Konstruktivismus erklärt uns, dass unsere Wahrnehmung von unseren Erfahrungen und Sinneseindrücken geprägt wird. Das bedeutet also, dass wir eine völlig neutrale Situation dank unserer Erfahrungen unterschiedlich erkennen, einordnen und bewerten können. Ereignisse werden nicht objektiv wahrgenommen, sondern sind beeinflusst von unseren fünf Sinnen – Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen. Und genau deshalb kann der Empfänger einer Nachricht aktiv daran arbeiten, wie er oder sie diese aufnimmt. Wenn wir uns bewusst machen, dass unsere Wahrnehmung von unseren Erfahrungen beeinflusst wird, können wir versuchen, diese Einflüsse zu minimieren und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Ein Beispiel
Die objektive Beschreibung: Es windet stark.
Nun fügen wir Erfahrung hinzu.
Negative Erfahrung Ein Sturm hat dir am Haus etwas zerstört, das lässt den Wind schlecht erscheinen
Positive Erfahrung Du bist Segler*in und du freust dich auf den Wind und optimale Trainingsbedingungen
Wir haben also eine völlig neutrale Situation dank unserer Erfahrungen unterschiedlich erkennen, einordnen und bewerten können.
Genau so bilden wir auch unsere Meinung, nämlich beeinflusst von unseren individuellen Erfahrungen. Dabei achten wir natürlich darauf, möglichst offen für andere Meinungen zu sein. Wir bilden uns weiter und hören andere Meinungen an, um zu differenzieren. Oder?
Nein, denn wir hören normalerweise nicht zu, um unsere Meinung kritisch zu hinterfragen, sondern um sie bestätigt zu bekommen. Ein Dilemma.
Stellt euch mal die Diskussion zum Thema Gendersternchen vor. Hier hat jede*r eine Meinung, aber seid mal ehrlich…habt ihr euch vertieft informiert, was es genau bedeutet und welche Folgen eine einheitliche Einführung haben kann? Bei so einem umfassenden Thema wird schnell klar, wir sind nicht offen für andere Meinungen. Wir verstehen, was wir verstehen wollen und bilden unsere Meinung auf einem kleinen Teil der Informationen. Und je stärker die eigene Meinung ist, desto verschlossener sind wir für andere Meinungen.
Aber keine Sorge, das ist menschlich und passiert uns allen!
Praktische Tipps: Wie ihr besser zuhört und richtig versteht.
Eine starke eigene Meinung beeinflusst das Zuhören und Verstehen enorm! Was könnt ihr also tun, um besser zuzuhören und zu verstehen?
- Nun, als erstes müsst ihr den Willen haben, das Gesagte so verstehen zu wollen, wie euer Gegenüber das will.
- Nehmt euch Zeit, um zuzuhören. Seid nicht «auf dem Sprung» und daddelt nicht am Handy. Falls es gerade nicht passt: macht gemeinsam einen Termin aus, um das Thema später nochmals mit voller Konzentration anzusprechen.
- Bleibt aktiv und aufmerksam beim Zuhören. Das tönt so einfach, es braucht aber Konzentration, um nicht in die eigenen Gedanken abzuschweifen.
- Reisst das Gespräch nicht an euch. Ihr kennt bestimmt die Reaktion auf eine Geschichte „… das kenne ich auch. Bei mir war das so …“ Eine typische Situation, wo ihr eigentlich empathisch sein wollt, es aber für euer Gegenüber genau das Gegenteil bewirkt.
- Versucht, das Gesagte nicht zu bewerten. Wie wir wissen, schlägt uns unser Verstand ein Schnippchen und stellt die Realität verzerrt dar. Seid euch dessen bewusst und bleibt so objektiv wie möglich.
- Üben, üben, üben. Gutes Zuhören braucht Disziplin und das müsst ihr üben. Lasst euch auch mal Feedback geben von nahestehenden Menschen und seid nicht verzweifelt, wenn es nicht gleich so klappt, wie ihr euch das vorstellt. (Übrigens: Auch ich als Expertin für Kommunikation muss das immer noch üben.)
Fazit
Aber was bedeutet das jetzt für unsere Kommunikation? Ganz einfach: Jeder von uns hat eine einzigartige Perspektive auf die Welt und interpretiert Informationen auf seine eigene Art und Weise. Das heisst aber auch, dass wir uns nicht immer auf eine gemeinsame Realität einigen können. Was für den einen logisch und richtig erscheint, kann für den anderen komplett absurd sein. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir uns aktiv bemühen, unsere eigene Sichtweise zu hinterfragen und uns auf die Perspektive unseres Gegenübers einzulassen. Nur so können wir Missverständnisse vermeiden und eine erfolgreiche Kommunikation sicherstellen.
Noch ein bisschen Off Topic:
Es gilt heute als gesichert, dass der Medienkonsum (TV, Youtube, Netflix, etc.) zur Sozialisation beiträgt. Zwar ist es nur ein Sozialisationsfaktor von vielen (und auch nicht der wirkungsstärkste), jedoch ist er besonders wirksam, weil ihm nahezu die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist. Ich meine, wer konsumiert denn gar keine Medien? (Da zählt imfall auch Insta und Tiktok dazu)
Die Folge ist: Wir empfinden die Welt z.B. gewalttätiger als sie wirklich ist, wenn wir viel Nachrichten zu Krieg konsumieren.
Die Realität wird verzerrt dargestellt, wir leben in unserer sogenannten «Bubble».
Einen Zusammenhang mit unserem Weltbild kann auch haben, welche Nachrichten wir via soziale Medien überhaupt zugespielt erhalten. Denn der Algorithmus auf Facebook, Insta und Tiktok wählt sehr gezielt aus, was wir überhaupt zu sehen kriegen! Hier gibt es super interessante Studien zur Meinungsbildung bei den Wahlen in den USA.
Hier ist wichtig, seid kritisch in eurem Medienkonsum und glaubt nicht alles, was das Internet euch vorsetzt, sondern seid auch offen für andere Meinungen.
Quellen:
https://studyflix.de/biologie/konstruktivismus-2692
Anja Niekerken, Das Geheimnis richtigen Zuhörens, Springer Verlag, 2020

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